Dringender Handlungsbedarf: Schutz und Erhalt der Ressource Boden

Sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrte Damen und Herren,

am 29. März 2022 sagten Sie: „Wir können es uns ökonomisch und ökologisch nicht leisten, Flächen zu verschwenden“. Sie führten aus, dass ausreichend Wohnraum ohne zusätzlichen Flächenverbrauch außerhalb besiedelter Gebiete darstellbar sei. Wir stimmen Ihnen zu.

Natürlich kennen Sie die Fakten: Das 2002 gesteckte Ziel einer Netto-Null-Neuversiegelung–Zwischenziel für 2020: 30 ha pro Tag – ist krachend gescheitert. Wir verbrauchen heute etwa die doppelte Fläche - für Industrie-, Gewerbe-, Siedlungs- und Verkehrsflächen, für den Abbau von Rohstoffen.

Jede der aktuellen Krisen wirft Schlaglichter auf das, was auch in Ihrem Haus längst bekannt ist: Regen auf versiegelten Böden bedeutet Überschwemmungsrisiken statt Grundwasserbildung. Trockenheit einerseits, Überschwemmungen andererseits, Verlust von Anbauflächen, massiver Rückgang der Population bestäubender Insekten und damit Bedrohung der Biodiversität stehen in engem Zusammenhang mit der Versiegelung unserer Böden. Schonungsloser Flächenverbrauch entzieht zudem unserer Landwirtschaft die Existenzgrundlage.

Kein Klimaschutz ohne Bodenschutz.

Weitere bekannte Fakten, die leider noch immer nicht zu konsequentem Umsteuern führen: Natürlicher Boden bildet Grundwasser, kühlt, speichert CO2 (ca 200 t CO 2-äq/ha im Jahr). Böden sind eine nicht erneuerbare Ressource. Einmal überbaut, ist dieses komplexe Ökosystem auf -zig Generationen
zerstört.

Wir brauchen dringend sofortige, konkrete Maßnahmen gegen den Raubbau am Schutzgut Boden.

Wirtschaftliche Entwicklung ist in Deutschland innerhalb des Bestands und auf bereits versiegelten Flächen möglich. Ebenso kann auf bebauter Fläche der Wohnungsbedarf für alle Bürgerinnen und Bürger gedeckt werden. Zahlreiche Leerstände, ungenutzte Gebäude, Gewerbebrachen stehen hierfür zur Verfügung.

2.

Der Erhalt natürlichen Bodens ist alternativlos. Verschiedentliche Absichtserklärungen von Regierungsseite fanden leider bei Regionalplanern und Kommunen zu wenig Beachtung. Aus diesem Grund fordern Bundesbündnis Bodenschutz und Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg dringend eine Änderung der gesetzlichen
Grundlagen.

Die Aktualisieung des BBodSchG ist ein wichtiger Schritt, aber nicht ausreichend.

  • Zur Sicherung effektiven Bodenschutzes und konsequenten Versiegelungsstopps, des Erhalts der ökologisch ausgleichenden und klimawirksamen Freiflächen sowie einer funktionierenden Flächenkreislaufwirtschaft braucht es eine Änderung des Baugesetzbuchs, vor allem der §§ 1 und 1 a BauGB (Bodenschutz darf in
    Abwägungsprozessen nicht wirtschaftlichen Interessen unterliegen sondern muss vorrangig beachtet werden),
  • eine verbindliche bundesgesetzliche Regelung, dass und bis wann der Landschafts- bzw. Flächenverbrauch Netto-Null betragen muss (Bundesratsbeschluss: bis 2030). Bis dahin: Verbindliche Flächenverbrauchs-Obergrenzen,
  • die Verpflichtung der Länder, den Städten und Gemeinden verbindliche Reduktionsziele vorzugeben,
  • eine entsprechende Änderung des Raumordnungsgesetzes,
  • die Verpflichtung der Städte und Gemeinden zur Führung eines öffentlich einsehbaren Katasters von Leerständen und Innen-Entwicklungspotenzialen, die Einführung eines verpflichtenden Vorrangs von Innenentwicklungs-Maßnahmen im BauGB, insbesondere zur Leerstandsaktivierung,
  • die Wiedereinführung der Genehmigungspflicht für Bebauungspläne,
  • die Streichung der Länderöffnungsklausel für die Genehmigung von Flächennutzungsplänen (§ 203
    Abs.3)
  • eine Grunderwerbssteuerbefreiung für kommunalen Haus-und Grunderwerb zum Zweck der
    Innenentwicklung,
  • die endgültige Streichung des § 13b des Baugesetzbuches.

Diese Forderung vieler Bürgerinnen und Bürger sowie Organisationen, die sich für den Bodenschutz einsetzen, bitten wir nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern rasch entsprechende Schritte zur Umsetzung einzuleiten. Auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021 zum Klimaschutz sei verwiesen.

3.

Wir bitten um Mitteilung, welche konkreten Maßnahmen seitens der Bundesregierung zur Lösung des Problems getroffen werden. Gerne arbeiten wir und unsere Kooperationspartner an einer Lösung mit. Konkrete Vorschläge zur Änderung des BauGB können wir einbringen.

Mit verbindlichem Dank und freundlichen Grüßen

Weinheim/Stuttgart, den 21.09.2022

Bundesbündnis Bodenschutz e.V. und Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e.V.