„Signal für den Erhalt unserer Landschaft"

Gewerbegebiet, Hintere Mult": Bürgerinitiative Breitwiesen und Bauernverband nehmen Stellung zur Urteilsbegründung des VGH

Weinheim. Eine Woche ist seit der Veröffentlichung der schriftlichen Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet Hintere Mult" in Weinheim vergangen. Die Stadtverwaltung, aber auch der Gewerbeverein und die Vereinigung Weinheimer Unternehmer halten sich bislang mit Schlussfolgerungen zurück. Dagegen melden sich die Bürgerinitiative Breitwiesen und der Bauernverband jetzt zu Wort.

Das Urteil des VGH beweist Augenmaß und ist zukunftsweisend". so Ingrid Hagenbruch, Vorsitzende des Vereins BI Breitwiesen, in einer Stellungnahme. Das Gericht habe keinen Hehl daraus gemacht, dass die Verwaltung ihren Pflichten bei Eingriffen in das Schutzgut Boden nicht gerecht geworden sei. Bemerkenswert sei die Feststellung des Senats, dass in Weinheim schon bei zurückliegenden Ausweisungen von Gewerbe- und Wohngebieten ein ähnlich laxer Umgang mit dem Schutzgut Boden stattgefunden habe.

„Boden ist eine äußerst begrenzte und kostbare Ressource, die besonders in der Klimakrise und angesichts des Ukrainekriegs für den Anbau von Lebensmitteln unbedingt erhalten werden muss", so Uwe Rastetter, Vorstandsmitglied der BI. Da der Bebauungsplan beachtliche formale Fehler aufweist, habe sich der VGH zwar nicht mehr abschließend mit inhaltlichen Fragen auseinandergesetzt. Dennoch weise der Senat auf zumindest zwei inhaltliche Mängel hin. Kritisch sahen die Richter die Festsetzung eines Wirtschaftswegs wegen der Beeinträchtigung geschützter Hecken. Auch die Zulassung von Nebenanlagen begegnete erheblichen Bedenken wegen der Beeinträchtigung von Feld hecken. „Natur- und Landschafts schutz sowie Artenschutz haben so mit nach Ansicht der Richter hohen Stellenwert", interpretiert die BI das Urteil. Nun könne die Verwaltung zwar versuchen, die aufgezeigten Fehler in einem neuen Verfahren zu beheben. Dies würde allerdings bedeuten, dass man die Signale, die aus der Bürgerschaft kommen, ignoriert. Denn dort spricht man sich deutlich für den Erhalt und Schutz unserer Landschaft. Natur und landwirtschaftlicher Flächen aus", ist die BI überzeugt. Für die an der Hinteren Mult interessierten Unternehmen, die überwiegend in ein- bis zweigeschossigen Gebäuden residieren, gebe es anderweitige Entwicklungsmöglichkeiten. Gewerbeflächen sind in Weinheim ausreichend vorhanden", so der stellvertretende Vorsitzende Karl Bär. Die BI werde sich jedenfalls dafür einsetzen, dass die Hintere Mult für Landwirtschaft, Naherholung, Artenvielfalt und als Wasserspeicher sowie Kaltluftzone für den Klimaschutz er halten bleibt. Dies wäre ein gutes Signal an die Bürgerschaft, Landwirte und Naturschützer." Zudem würde dies den Steuerzahlern hohe Kosten ersparen.

Ganz ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Bauernverbandes Weinheim, Fritz Pfrang: Das Urteil des VGH zeigt erfreulicherweise die hohe Wertschätzung für unsere Äcker und Wiesen. Es widerspricht damit der gängigen Meinung der Gemeindeverwaltungen, die den Boden zu billigem Bauland degra dieren."

Bestes Beispiel der fehlenden Wertschätzung von Behörden für den Boden sei in direkter Nachbarschaft zu Weinheim die Vernichtung des Getreidefeldes in Leutershausen wegen der Sanierung der A 5. Dort habe man ohne zeitlichen Druck einen in wenigen Tagen erntereifen Weizenacker einfach weggeschoben"...Es ist ein Skandal, wie achtlos mit fruchtbaren Feldern umgegangen wird", findet auch Ingrid Hagen bruch in ihrer Funktion als Vorsitzende des Bundesbündnisses Bodenschutz. Die Abkehr vom ungesunden Wachstum in die Fläche sei längst überfällig. prol-