Reaktionen auf das VGH-Urteil zur Hinteren Mult

Gewerbegebiet: Stellungnahmen von BI Breitwiesen, GAL, Bauernverband und IG

Weinheim. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH), wonach der Bebauungsplan der Stadt Weinheim für den Bereich. Hintere Mult unwirksam" ist, kommt einem Paukenschlag gleich. Fast drei Jahre hat sich das Gericht Zeit gelassen; unterdessen hatte die Stadtverwaltung das Umlegungs verfahren gestartet und die Erschließungsarbeiten europaweit ausgeschrieben. Auch wenn die Urteilsbegründung noch nicht vorliegt, so dürfte die VGH-Entscheidung weitreichende Folgen haben - nicht nur für das geplante Gewerbegebiet Hintere Mult, sondern möglicherweise auch für den weiteren Verlauf der Zukunftswerkstatt.

In einer ersten Reaktion auf die VGH-Entscheidung erklärte die Vorsitzende des Vereins „Bürgerinitiati- ve Breitwiesen", Ingrid Hagenbruch: Wir begrüßen das Urteil des VGH, da nun landwirtschaftliche Flächen vor Versiegelung bewahrt bleiben. Gleichzeitig wird ein Gebiet der Kaltluftentstehung erhalten, das schützt auch die Bürgerschaft in diesen Zeiten des Klimawandels. Im Sinne der Bewahrung unserer wertvollen Böden ist die BI Breitwiesen überzeugt, dass dieses Urteil zukunftsweisend ist für unsere Stadtentwicklung: Die Feldflur kann aufatmen, der Ausuferung unserer Bebauung wird hoffentlich nicht nur vorläufig Einhalt geboten."

Auch die Fraktion der Grünen/Alternative Liste (GAL) meldete sich am Donnerstag zu Wort: „Die GAL- Fraktion fühlt sich in ihrer Haltung von 2019 bestätigt. Sie hatte als einzige Fraktion geschlossen gegen den

Bebauungsplan Hintere Mult gestimmt. Es ist zu hoffen, dass nun die in der Bevölkerung gestiegene Einsicht auch bei der Verwaltung ankommt: Unsere Landschaft ist zu wertvoll, als dass sie einem weiteren Gewerbegebiet geopfert werden darf. Die GAL-Fraktion freut sich für die Landwirte, die nun weiter hofnahe Flächen bewirtschaften können, und sie freut sich für die Bevölkerung, denen ein gutes Stück Landschaft erhalten bleibt."

Die GAL hoffe aber auch, dass für die Firma B & S, die ihren Betrieb in der Hinteren Mult erweitern wollte, eine gute Lösung gefunden werde, die ohne so eine immense Flächenversiegelung auskommt", heißt es abschließend in der Stellungnahme.

Für den Bauernverband Weinheim erklärte der stellvertretende Vorsitzende Karl Bär: „Natürlich freuen wir uns über die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes." Vor einer endgültigen Bewertung müsse man jedoch die Urteilsbegründung abwarten. Die Entscheidung des VGH dürfte jedenfalls Folgen haben für jene Spekulanten", die bereits versucht hätten, Grundstücke in der Hinteren Mult zu kaufen, ist Bär überzeugt. Zeitnah geklärt werden müsse aber auch, was mit bereits gekündigten Pachtverträgen von Landwirten in diesem Gebiet passiert.

Mit Blick auf die Zukunftswerk statt erklärte Bär, dass diese Entscheidung Auswirkungen auf den weiteren Verlauf haben werde. Auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine führe nach seiner Einschätzung zu einem Umdenken, was den Erhalt von landwirtschaftlich genutzten Flächen für die Lebensmittelproduktion angeht.

Einen anderen Standpunkt vertritt Dirk Ahlheim, Sprecher der ehe maligen Interessengemeinschaft Hintere Mult, in der sich Anrainerfirmen aus der Olbrichtstraße zusammengetan hatten, um ihren Erweiterungsbedarf deutlich zu machen. „Die Entscheidung ist ein schlechtes Signal für Weinheim", so Ahlheim. Sollten die Mängel des Satzungsbeschlusses nicht geheilt werden können, dann werde es in den nächsten 10 bis 15 Jahren in Weinheim kein neues Gewerbegebiet mehr geben. Das gefährde die bestehende Infrastruktur wie Bäder, Sporthallen und Stadtbibliothek. Aber dann wäre auch kein Geld für neue Fahrradwege und andere Wünsche vorhanden. Darüber sollte sich die Zukunftswerkstatt den Kopf zerbrechen. Wie sonst lassen sich die klammen Finanzen der Stadt in Zukunft verbessern.