Flächenverbrauch in Kriesenzeiten

BI Breitwiesen diskutiert mögliche Folgen für Weinheim

Die Bürgerinitiative Breitwiesen diskutierte in einer Telefonkonferenz am 19.03.2020 die Folgen des anhaltenden Krisenmodus, mit dem existenzbedrohende Verluste für Gewerbetreibende, Schließung der Grünanlagen und Versorgungsängste einhergehen.

Die BI erinnert daran, wie wichtig in solchen Zeiten regionale Versorgung mit frischen Lebensmitteln ist. Dies setze aber voraus, dass es weiterhin genügend Anbauflächen für Kartoffeln, Obst und Getreide und andere landwirtschaftliche Produkte in Weinheim gibt. Lokale Erzeuger haben kurze Lieferstrecken und tragen dazu bei, dass die Bevölkerung trotz Einschränkung des überregionalen Handels weiterhin versorgt werden kann. Frischmilch lasse sich in Pandemietagen nicht durch halb Europa transportieren, sondern müsse vor Ort erzeugt werden.

Die Schließung der Weinheimer Parks und das sukzessive Lahmlegen des städtischen Lebens belegen eindrucksvoll, wie wichtig der Erhalt der vorhandenen grünen Gemarkung für die Bürger ist. Es müsse weiterhin blühende Wiesen um Weinheim geben, wo Menschen noch Ruhe und Erholung finden können. In der aktuellen Krisensituation bieten die flachen Wege für Erholungssuchende genug Raum für ausgedehnte Spaziergänge an der frischen Luft. Ein Erhalt der Wiesen wird auch dazu beitragen, dass Bienen und andere Bestäuber überleben können, um auf Feldern und privaten Gärten weiterhin den nötigen Fruchtstand zu sichern. Weite grüne Flächen zwischen den Städten sind darüber hinaus eine natürliche Barriere für Viren, die vor allem da übertragen werden, wo sich viele Menschen auf engem Raum aufhalten, so der Vorstand der BI in seiner Pressemitteilung.

Die BI geht davon aus, dass die aktuellen Ereignisse inhaltlich wie organisatorisch großen Einfluss auf die Planung der Zukunftswerkstatt nehmen werden. Der Verein äußert Sorge, dass die politische Gesamtsituation aufgrund der geschwächten Wirtschaft dazu genutzt könne, dass nach dem Pandemieende eine rigorose Flächenbebauung gefordert werde mit der Begründung „jetzt brauche man schleunigst neue Flächen, um das Gewerbe ankurbeln“.

OB Just betonte zwar mehrfach, dass ihm die „Ergebnisoffenheit“ der Zukunftswerkstatt am Herzen liege. Andererseits äußerte er bereits mehrfach sein Bekenntnis zu neuen Gewerbegebieten. Insofern ist ein Wunschergebnis „Neue Gewerbegebiete“ für die Zukunftswerkstatt schon definiert.

Auf der anderen Seite könnten sich die zufällig ausgewählten Bürger in der Zukunftswerkstatt ebenso wie die Bodenschützer am Beispiel dieser Krise vor Augen führen, wie wenig zuverlässig kommunale Einnahmen durch die Gewerbesteuer seien. „Auf die Gewerbesteuer als Haupteinnahmequelle der Stadt zu bauen, davor haben wir schon häufig gewarnt“ erinnert sich der Vorstand der BI Breitwiesen.

Viele Gewerbetreibende werden auch in Weinheim zweifelsohne durch die Corona-Krise existentiell getroffen. Inwieweit es aber sinnvoll ist, durch neue Gewerbeansiedlungen weiteren Konkurrenzdruck in Weinheim zu fördern, sollte überdacht werden. Kleinere und mittlere Unternehmen würden noch mehr belastet. Außerdem: das ohnehin schwer beschädigte Landschaftsbild der Touristenregion Bergstraße würde dann vollends aus dem natürlichen Rahmen gerissen, so befürchtet der Vorstand. Er verweist auch auf die Gefahr, dass in Zeiten leerer städtischer Kassen hohe Infrastrukturkosten für neue Baugebiete direkt oder indirekt an die Bürger weitergegeben werden könnten. In Krisenzeiten ist damit zu rechnen, dass mancher Investor in finanzielle Schieflage gerät. Dann fließt keine Gewerbesteuer. Hässliche Bauruinen mit versiegelter Landschaft und keine Möglichkeit einer landwirtschaftlichen Nutzung könnten fatale Folgen sein. Die BI hält es für sinnvoller, angeschlagenen Weinheimer Unternehmen vorübergehend effektiv zu unterstützen, statt lebensnotwendige Naturräume und das Gemeingut Boden Investoren zu überlassen und damit der lokalen Landwirtschaft die Existenzgrundlage zu entziehen.

„Wir werden uns zusammen mit anderen Boden- und Naturschützern weiterhin engagiert in Diskussionen für den Erhalt unserer Grünflächen und Äcker einsetzen“, so Karl Bär und Ingrid Hagenbruch vom Vorstand des Vereins. Bereits 2013 habe der Bürgerentscheid gezeigt, dass dies im Sinne der Weinheimer Bürgerinnen und Bürger ist. Die Bürgerinitiative Breitwiesen sieht sich als kritisches Gegengewicht zu den Interessen einiger, die wertvolle Kulturlandschaft um Weinheim trotz Klimawandel und Pandemie immer noch für vermeintlichen Profit opfern wollen.

Der gemeinnützige Verein „Bürgerinitiative Breitwiesen“ setzt auf intelligente Stadtentwicklung ohne weiteren Flächenverbrauch. Weitere Info: 06201/25 80 90
Dieser Beitrag wurde am 30. März 2020 von Matthias Hördt unter Allgemein veröffentlicht.